Walther Friesen, Volodymyr Saviovskyi

Franz Eduard Graf von Totleben und die Malakow-Türme

Entstehung eines Symbols

 

Werdegang des Militäringenieurgenies

Totleben-Denkmal in Sewastopol
Foto von Andrew Butko

       Franz Eduard von Totleben erblickte am 20. Mai 1818 das Licht der Welt in der von der deutschen Kultur geprägten kurländischen Hauptstadt Mitau (heute – lettische Stadt Jelgava). 1795 wurde das Herzogtum Kurland und Semgallen vom Russischen Imperium annektiert und 1796–1917 als Gouvernement Kurland verwaltet.
       Eduard von Totleben war der entfernte Verwandter des russischen Generals Gottlob Curt Heinrich Graf von Tottleben (*1715; †1773), dessen Kosaken-Einheiten während des Siebenjährigen Krieges am 3. Oktober 1760 über Cöpenick bis an das Cottbusser Tor und Hallesche Tor (beide im heutigen Ortsteil Berlin-Kreuzberg gelegen), heranrückten. Am 8. Oktober 1760 der Berliner Stadtkommandant Hans Friedrich von Rochow (*1698; †1787) kapitulierte vor Tottleben. Als neuen Stadtkommandanten setzte Tottleben den russischen Brigadegeneral Karl- Johan Reinhold von Bachmann (* vor 1720; †1763) ein.

       Franz Eduard von Totleben wurde zunächst auf der Kadettenschule in Riga, dann von 1832 bis 1836 auf der Ingenieurschule in St. Petersburg ausgebildet. Herzkrankheit hinderte ihn daran, sein Studium an der Ingenieurschule zu beenden. Totleben wurde in das Rigaer Engineering Team aufgenommen und 1840 in das Sappeur-Ausbildungsbataillon versetzt. Hier zog Totleben die Aufmerksamkeit des Generals Karl Ludwig von Schilder (*1785; †1854) auf sich, von dem er angewiesen wurde, sich an der Erarbeitung der Strategie und Taktik des Minenkrieges zu beteiligen. Für weitere Forschungen wurde er mit einem Team von Sappeuren nach Kiew geschickt, wo Totleben für die Produktion umfangreicher unterirdischer Kriegsführungsexperimente verantwortlich war.
       1848 ging er in den Kaukasus und nahm dort an mehreren Militärexpeditionen teil. Er trug dazu bei, dass die 1842 vom russischen Generalleutnant Johann Kaspar Fäsi (*1795; †1848) errichtete und 1843 von Imam Schamil (1797; †1871) eroberte Befestigung Gergebil erfolgreich belagert und wieder eingenommen wurde, indem er die Anlegung von oberirdischen Annäherungswegen (Sappen) und die Aufstellung der Belagerungsartillerie ca. 170m von den Mauern akribisch vorbereitete. 1849 war er für alle Arbeiten an der Belagerung der Festung Tschoch in Dagestan verantwortlich. Nachdem er eine kühne Nachtaufklärung der Befestigungsanlagen gemacht hatte, ließ er 2 Batterien ca. 60m vor der Fronlinie des Feindes aufstellen.
       Nach seiner Rückkehr aus dem Kaukasus wurde er zum Adjutanten von General Schilder ernannt, 1851 wechselte er zu den Gardeingenieuren und ließ sich in St. Petersburg nieder, wo er während der Lagerausbildung die praktischen Übungen des Sappeur-Bataillons der Kaiserlichen Leibgarde leitete.
       Anfang 1854 wurde Totleben in das Hauptquartier der Donauarmee gerufen. Hier handelte er auf Befehl von Generaladjutant Schilder, führte eine Reihe von Aufklärungsmissionen unter dem Feuer türkischer Batterien durch und erarbeitete einen Plan, um die Befestigungsanlagen der von den Türken besetzten rumänischen Stadt Calafat anzugreifen.
       Mit Beginn der Vorbereitungsarbeiten zur Belagerung von Silistra wurde er zum Grabenmajor ernannt. Als General Schilder verwundet wurde, übernahm er das gesamte Werk und sprengte am 7. Juni die gesamte Front der fortgeschrittenen Festung von Arab Tabia am rechten Donauufer vor Silistra. Als diese Belagerung aufgehoben wurde, wurde er nach Sewastopol geschickt, wo man die Landung der feindlichen Truppe berechtigt befürchtete.
       Zunächst glaubte der Oberbefehlshaber, Fürst Alexander Sergejewitsch Menschikow (*1787; †1869), dass die Alliierten (Osmanisches Reich, Frankreich und Großbritannien) wegen der späten Saison keine Landung auf der Krim wagen würden, und lehnte Totlebens Angebot ab, sofort mit dem Aufbau des Verteidigungssystem der Halbinsel zu beginnen. Sie wurden erst begonnen, als am 14. September 1854 britische, französische und osmanische Soldaten an der Westküste der Krim in der Bucht von Kalamita, nördlich von blühender Handels- und Hafenstadt Sewastopol an Land gingen.
       Totleben baute die vordere Position der Nordbefestigungslinie von Sewastopol aus und stellte die Verteidigungslinie auf der Südseite der Stadt fast wieder her. Aus Zeitgründen war es unmöglich, über den Bau starker und korrekter Befestigungsanlagen nachzudenken; man musste an allen Punkten gleichzeitig arbeiten, mit allen Mitteln, übrigens – mit der verlorenen direkten Zweck Bewaffnung der der Flotte.
       Nach dem Totlebens Plan, die Verteidigungslinie verlief durch die zur Stadt nächstgelegenen bestehenden Befestigungsanlagen, starke Artillerie wurde an ihren Hauptpunkten aufgestellt. Diese Punkte wurden durch Schützengräben für die bewaffnete Infanterie miteinander verbunden. An einigen Stellen wurden separate Batterien zwischen den Hauptpunkten platziert. So sollten alle Zugänge zur Stadt eine starke Frontal- und Flankenverteidigung mit Kanonen- und Schrotflintenfeuer erhalten. Die Arbeiten wurden Tag und Nacht ohne Unterbrechung durchgeführt. In kurzer Zeit, anstelle der schwachen Befestigungen mit großen, nicht verteidigten Lücken, welche die feindliche Aufklärung zuvor aufspüren konnte, wuchs eine solide Verteidigungslinie.
       Die Verteidigungsbastion unter der Leitung von Vizeadmiral Wladimir Alexejewitsch Kornilow (*1806; †1854), der sich auf dem Maláchow Hügel befand, war der bedeutendste Abschnitt der Verteidigungslinie. Diese Erhöhung (97 Meter) dominierte die ganze Gegend um Sewastopol. Zur ihrer Verteidigung wurde ein Fort gebaut. So beschrieb es Totleben:

„Ein kleiner Turm, mit 7 Saschen im Durchmesser, wurde vom Marineministerium auf Kosten der städtischen Kaufmannschaft auf dem Maláchow Hügel errichtet; der wurde Maláchow-Turm genannt. Der Turm hatte zwei zugemauerte Ebenen, die für die Verteidigung mit Handfeuerwaffen bestimmt waren, und eine Artilleriebatterie auf dem offenen Platz. Die äußeren Wände waren 5 Fuß dick und das obere Gewölbe – 21/2 Fuß dick. Auf der offenen Batterie, hinter der Brüstung, die 3 Fuß hoch war, wurden fünf 18-Pfünder Festungsgeschützen auf Drehplattformen aufgestellt. Der Turm war 28 Fuß hoch und war vom Felde aus, auf eine Entfernung von 31/2 Saschen, durch ein 6 hohes Glacis gedeckt“ [1].

       Die Alliierten waren gezwungen, ihre Absicht aufzugeben, Sewastopol auf einen Streich zu nehmen, und am 28. September begannen sie ihre Belagerungsarbeiten. Die erste Bombardierung Sewastopols am 5. Oktober zeigte die Stärke der Sewastopol-Befestigungen und ihrer gekonnt gelenkten Artilleriefeuer.
       Dann wandten sich die Alliierten dem Untergrundkrieg zu und plante, die Bastionen von Sewastopol in die Luft zu sprengen, aber dieses Unterfangen wurde auch von Totleben verhütet, indem er für den Feind unerwartet ein geschickt angelegtes Netzwerk von Minengalerien vorbereitet hatte. Am 8. Juni 1855 wurde er von einer Kugel ins Bein getroffen, aber trotz seines schmerzhaften Zustandes führte er die Defensivarbeit weiter, bis sich sein Gesundheitszustand so verschlechterte, dass er gezwungen war, Sewastopol zu verlassen.

Totlebens Verteidigungsbauten nach dem Krimkrieg

       Nach dem Fall Sewastopols wurde Totleben zum Generaladjutant ernannt und nach Nikolajew gerufen, um das Küstengebiet des Schwarzen Meeres am Zusammenfluss des Südlichen Bug mit dem Inhul in eine defensive Position zu bringen. Totlebens Erläuterung zur Befestigung von Nikolajew stellt eines seiner wertvollsten wissenschaftlichen Arbeiten dar.
       Die hier unter dem frischen Eindruck der Kampferfahrung zum Ausdruck gebrachten Ideen eröffneten eine neue Ära in der Befestigungskunst, die sich trotz den Erfahrungen der napoleonischen Kriege von den Traditionen zurückzogen, die bis dahin im Militärengineering vorherrschten.
       Totleben wies auf die Notwendigkeit hin, ein System von Forts mit Zwischenstellungen der Artillerie zu haben, an das sich die Eisenbahnen heran kommen konnten. Er schrieb den befestigten und nach Kampfart mit Waffen ausgerüsteten Stützpunkten die entscheidende Rolle, insbesondere gegen die Kiellinie- Offensivtaktik der Türken und ihrer Verbündeten, zu.
       Nach seiner Rückkehr nach St. Petersburg übernahm Totleben die Leitung der Befestigungen der Festung Kronstadt auf der Ostseeinsel Kotlin vor Sankt Petersburg in Russland. Danach studierte er zwei Jahre lang die Festungen Deutschlands und Frankreichs und die dortige Organisation der Ingenieurskunst. 1859 wurde er zum Direktor der Ingenieurabteilung der russischen Armee, 1863 – zum Inspektor für Ingenieurwesen des Russischen Kaiserreichs ernannt.
       1863 wurde unter der Aufsicht und Führung von Totleben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die russischen Grenzfestungen in eine defensive Position zu bringen. Er führte den Plan zur Verschanzung der auf mehreren miteinander verbundenen Inseln liegenden Festung Sveaborg, welche die Hauptstadt des Großfürstentums Finnland Helsingfors (Helsinki) vor den Angriffen der feindlichen Flotte schützte, und mehrere andere wichtige Verschanzungsprojekte aus.
       1869 entwarf er ein Projekt zur Verteidigungslinie von Kiew, das sah insbesondere die Errichtung der „Kiewer Festung“ auf dem Kahlberg (Lysaja Gora) vor. Als Vorsitzender der Artillerie-Engineering-Kommission beteiligte er sich aktiv an der Bewaffnung der russischen Festungen mit Gewehren mit den für damalige Zeit modernen gezogenen Läufen. Gleichzeitig arbeitete er an der Reorganisation der Ingenieurstruppen, entsprechend den neuesten Anforderungen der Militärwissenschaft.
       Von 1871 bis 1875 war Totleben mit der Entwicklung eines neuen einheitlichen Systems von Verteidigungslinien des Russischen Imperiums mit ihren wichtigsten Hochburgen beschäftigt. Zu diesem Zweck führte er eine Reihe von Forschungen in den die Imperiums Westgrenze anliegenden Städten Brest-Litowsk, Kowno, Bjelostock, Gonionds, Grodno, Dubno und Proskurow durch. 1873 wurde Totlebens Plan in einer Sondersitzung über die strategische Position Russlands unter dem Vorsitz des Zaren verabschiedet.

Totleben während des Russisch-Türkischer Krieges 1877–1878

       Die Arbeiten zur Umsetzung des Totlebens Plans zur einheitlichen Verteidigung des Russischen Imperiums wurden durch den Russisch-Türkischen Krieg von 1877-1878 unterbrochen. 1876 wurde Totleben nach Liwadija auf der Krim, wo sich der Palast des Imperators Alexander II. (*1818; †1881) befand, einberufen und zum Oberhaupt der Schwarzmeerküstenverteidigung ernannt. In Häfen von Kertsch, Otschakow, Odessa und Sewastopol ließ er Seeminen legen, neue Batterien mit schweren Kanonen. Ende 1876 kehrte er nach St. Petersburg zurück und erst am 2. September 1877, als sich die russische Belagerung von Plewna, zunächst durchgeführt unter der Führung des Generalleutnants Juri Schilder-Schuldner (*1816; †1878), dann – des Generals der Infanterie Nikolai Karl Gregor von Krüdener (*1811; †1891) hinzog, wurde Totleben zum Kriegsschauplatz gerufen, wo er die Belagerungsarbeiten in der Nähe von Plewna übernahm. Nach der Einnahme von Plewna wurde er zum Leiter der Östlichen Abteilung der russischen Armee ernannt, aber am 8. Februar wurde er nach St. Petersburg zu einem Treffen über die Besetzung des Bosporus (der Meerenge zwischen Europa und Asien) und deren Schließung für die englische Flotte, die in der Nähe der Prinzeninseln stand, einberufen.
       Totleben, der demnächst zum Oberbefehlshaber befördert worden war, stellte nach seiner Ankunft in der Armee-Stabsstelle fest, dass die Besetzung des Bosporus bzw. die Meerenge mit Minen zu bedecken, um die Kommunikation mit russischen Schwarzmeerhäfen zu gewährleisten, ziellos war und dass im Falle eines erfolgreichen Angriffs auf Konstantinopel die Vorteile nur vorübergehend sein würden, und im Falle eines Scheiterns könnten die Ergebnisse der vorherigen Kampagne verloren gehen.
       Totlebens Aufgabe als Oberbefehlshaber bestand daher darin, die russische Diplomatie bei ihren Verhandlungen über den Abschluss des endgültigen Friedens zu unterstützen, die türkische Regierung zu ermutigen, die russischen Forderungen bald und genau zu erfüllen und die Rückkehr russischer Truppen in ihre Heimat zu führen. Gleichzeitig schlug er eine Reihe von Maßnahmen vor, um Bulgarien auf die Selbstverteidigung nach dem Abzug der russischen Truppen vorzubereiten.
       Für seine Verdienste während des Krieges von 1877–1878 erhielt er den Orden des Heiligen Georg der 2. Klasse und den Orden des Heiligen Andreas des Erstberufenen. Anlässlich des 25. Jahrestages der 1. Bombardierung Sewastopols wurde ihm die Würde des Grafen verliehen. Der renommierte belgische Ingenieur Henri Alexis Brialmont (*1821; †1903) gilt Totleben als den bemerkenswertesten Ingenieur des 19. Jahrhunderts.
       Totlebens Teilnahme am Russisch-Türkischen Krieg 1877–1878 ist im Plewna- Panoramamuseum verewigt. Seinen Name trägt das Dorf Totleben in Plewna-Region, sowie Straßen und Institutionen in ganz Bulgarien.
       Am 5. April 1879 wurde er zum Interimsgeneralgouverneur von Odessa und am 1. September desselben Jahres zum Kommandeur des Militärbezirks Odessa ernannt. Nach seinem Amtsantritt in Odessa begann er mit extremem Eifer, die revolutionäre Wühlerei in all seinen Erscheinungsformen auszurotten.
       Am 18. Mai 1880 wurde er zum Generalgouverneur der Nordwestregion, die Gouvernements Wilna, Kowno und Slonim einschloss, ernannt. In dieser Funktion blieb er nicht lange. Bereits 1882 musste er sich zur Behandlung und Kur ins Ausland begeben.
       In Kėdainiai, in einem ihm seit 1866 gehörten Gut, errichtete Totleben 1880–1882 einen Park, baute einen Palast und ein Minarett in Erinnerung an die Kriege mit den Türken und an das Minarett in Plewna erinnerten. Diese Bauten sind noch im Stadtpark erhalten. Das Minarett brachte die Legende hervor, dass es gebaut wurde, um die religiösen Bedürfnisse seiner türkischen Liebhaberin zu erfüllen.
       Graf Franz Eduard von Totleben starb am 19. Juni 1884 in Bad Soden (Hessen-Nassau) und wurde vorübergehend in einer Mausoleum-Kapelle auf einem Friedhof in der Nähe der Lutherischen Kirche in Kėdainiai beigesetzt. Am 5. Oktober 1884 wurde er auf Geheiß Kaiser Alexanders III. auf dem Bruderschaft-Friedhof in Sewastopol beigesetzt. Seine Ehefrau (ab 23.02.1852) war Baronesse Elisabeth-Luise-Viktoria von Hauff (1833–1907), Tochter und Erbin des hessisch-darmstädtischen Generalkonsuls in St. Petersburg Baron Ludwig von Hauff. Nach den zeitgenössischen Angaben, sie war die Mutter einer großen Familie (nach verschiedenen Quellen 1 Sohn und 12 Töchter). Gräfin Totleben lebte in der Regel in St. Petersburg im Winter, und von Frühjahr bis Herbst auf dem Familiengut in Kėdainiai, wo auf eigene Kosten ein vorbildliches Krankenhaus einrichtete und jährlich in Erinnerung an ihren Mann die großartigen Treffen für Militärpersonen, mit Mittagessen und Tanz veranstaltete. Am 14. November 1904 wurde sie mit Titel der Hofdame beliehen und mit dem Orden der Heiligen Großmärtyrerin Katharina ausgezeichnet.

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               Viktorina Totleben,
                            née Baronesse Elisabeth-Luise-Viktoria von Hauff (1833–1907)


Zeichen der Erinnerung an Graf Franz Eduard von Totleben

       Das Totleben-Denkmal wurde 1909 auf dem Historischen Boulevard von Sewastopol errichtet. Es wurde vom Kavalleriegeneral der russischen Armee und Maler Alexander von Bilderling (*1846; †1912) entworfen und vom russlanddeutschen Bildhauer Johannes Schröder (*1835; †1908). Das Denkmal hat alle Wirren des 20. Jahrhundert überstanden.

Denkmal zu Ehren des Militäringenieurs
General Graf Franz Eduard Iwanowitsch von Totleben
Touristen beim Besuch der Sehenswürdigkeit von Sewastopol, Mitte der 1960er Jahre

 

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Grab von Totleben befindet sich auf dem Bruderschaft-Friedhof in Sewastopol in Sewastopol

       Die Büste von Graf Totleben befindet sich derzeit in Plewna, Bulgarien, neben dem Museum zu Ehren des Imperators von Russland Alexander II. (*1818; †1881), der den Beinamen „Zar-Befreier“ hatte.
       Ein Boulevard in Sofia und ein Dorf namens Totleben in Bulgarien sind nach Graf Franz Eduard von Totleben benannt.
       Drei Etwa 150 Jahre alte Eschenbäume in der Nähe des Arsenalwerks in Kiew wurden nach Eduard Totleben benannt. Seit 2013 gelten sie als örtliches botanisches Denkmal.

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Alte Eschenbäume in Kiew wurden nach Eduard Totleben benannt

       Die bulgarische Gemeinde Totleben veranstaltet jährlich das Fest anlässlich des Jubiläums der Geburt von Generalingenieur Totleben (am ersten Samstag im Mai). Am 3. Mai 2008 organisierte der Gemeindeleiter Ivan Ivanov die Feier zum Gedenken an den 190. Geburtstag von General Totleben. Das Fest wurde von einem reichhaltigen Folkloreprogramm begleitet.
       Und am 2. Mai 2009 die Feier zum 191. Jahrestag der Geburt von General Totleben wurde von einer historischen Inszenierung der Szene der Gefangennahme des türkischen Generals begleitet.

Malakow-Türme

       Mit dem Namen bzw. mit den Verteidigungsbauten von General Totleben ist ein Symbol verbunden, das in Deutschland und Europa verbreitet ist: Malakow-Turm. Der Maláchow -Turm von Sewastopol weist nur architektonische Ähnlichkeit mit den massiven Zechenbauten des Ruhrgebiets – den Malakow-Türmen, die ganz andere Funktion haben, auf.
       Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Deutschland, in Belgien und in Frankreich zahlreiche Fördertürme mit einer charakteristischen Bauform errichtet. Es handelt sich um massive Bauwerke aus Mauerwerk mit einer festungsähnlichen Architektur, die Malakow-Türme genannt wurden. Sie stellten die Fördereinrichtungen der Kohlschachten dar. Die mächtigen Türme waren in den Revieren des Ruhrgebiets, des Saarlands, in Sachsen, Nieder- und Oberschlesien und im Aachener Raum zu finden. Verwendung fanden sie vorwiegend im Steinkohlenbergbau und im Erz- und Kalisalzbergbau.
       Zur selben Zeit entstanden auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebiets die ersten hohen Schachttürme, die gleichsam den Beginn des industriellen Bergbaus markieren. Im Volksmund wurde als Bezeichnung für solche Türme der Name des hart umkämpften Forts übernommen, um damit die Widerstandsfähigkeit dieser manchmal mehr als dreißig Meter hohen Fördereinrichtungen zu betonen.
       Die zeitgenössische bergmännisch-technische Bezeichnung für ein solches Bauwerk lautete schlicht „Mauerwerk“. Als Fachterminus wurde der Ausdruck „Malakow-Turm“ erst im Jahr 1928 von Carl Koschwitz in die Technikgeschichtsschreibung eingeführt [5].
       Es liegt auf der Hand, dass die ursprünglich umgangssprachliche Bezeichnung auf das Fort Maláchow zurückgeht. Von den ehemals mehr als 130 Malakow-Türmen im Ruhrgebiet sind heute noch 14 Malakow-Türme erhalten, die als Denkmale der früheren Industriekultur geschützt sind. Malakow-Türme sind nach der Terminologie der Technikgeschichtsschreibung als Tiefbaueinrichtungen der frühen Phase des industriellen Bergbaus bzw. der Industriekultur definiert.
       Für den Bau von Fördergerüsten und Fördertürmen wurden früher unterschiedliche Baumaterialien, wie Holz, Holz mit Mauerwerk kombiniert, Stahl, Gusseisen oder Stahlbeton verwendet. Das älteste Baumaterial war Holz, da es billig zu bekommen und leicht zu bearbeiten war. Allerdings, hatten diese Gerüste nur eine relativ geringe Lebensdauer, die im besten Falle 20 Jahre betriebsfähig waren. Fördergerüste aus Stahl waren zwar teurer, aber sie hatten deutliche Vorteile gegenüber den Gerüsten aus Holz hinsichtlich ihrer Feuersicherheit und längerer Lebensdauer. Nachteilig war jedoch, dass die Stahlgerüste, bedingt durch ihr geringes Eigengewicht, nur geringe Seitenkräfte, die z. B. durch Seilwindenvorrichtungen entstehen, aufnehmen konnten.
       In den Grundrissen weisen die meisten von den oben genannten Türmen rechteckige Form mit einer Größe von etwa 15x15 Metern auf. Die Türme sind ungefähr bis zu 33 Meter hoch. Grundsätzlich besteht ein Fördergerüst aus dem Traggerüst, dem Führungsgerüst und der Seilscheibenbühne, siehe Skizze. Als Turm wird im Bergbau ein vertikaler Teil eines Schachtes bezeichnet. Der Hauptturm eines Schachtes wird als Förderturm genannt, in dem sich die Förderkörbe auf und ab bewegen. Im Fahr- oder Fahrtenturm befinden sich die Fahrten (unter Tage eingesetzten Leitern), die früher, vor Einführung der Personenseilfahrt, den Bergleuten zum „Ein- und Ausfahren“ (Absteigen und Aufsteigen) dienten. Einige Malakow-Turm besaßen auch „Burgtürmchen“, in denen sich Fluchttreppen für den Fall eines Brandes befanden.
       Das Traggerüst bestand aus verschiedenen abstützenden Konstruktionselementen. Das Führungsgerüst, auch Luftschacht genannt, diente der Aufnahme der Fördergutträger oberhalb des Schachtmundes. Es wurde so montiert, dass es nicht zur Aufnahme der seitlichen Zugkräfte genutzt werden konnte. Gründe dafür waren zum Einen, dass das Führungsgerüst durch die Zugkräfte elastischen Formänderungen ausgesetzt war und zum Anderen, dass es diese Zugkräfte an den Schachtausbau weiterleiten könnte. Allerdings, gab es auch Konstruktionen, bei denen keine klare Trennung zwischen Traggerüst und Führungsgerüst bestand. Bei diesen Fördergerüsten bildeten das Traggerüst und das Führungsgerüst zusammen das Tragsystem. Die Seilscheibenbühne diente zur Aufnahme der Seilscheiben. Die Malakow-Türme hatten eine versteifte Konstruktion mit starken Bruchsteinmauerwerk- bzw. Backsteinmauerwerkfundamenten. Die Gründungstiefe betrug mehr als 3,0 Meter. Die Wände wurden aus den mit dem Kalk-Sand-Mörtel zusammengefügten Backsteinen gebaut. Das Bauwerk hat die Fenster und inneren Leitungen. Innerhalb des Turms gab es Träger, welche die Seilscheiben hielten und die enormen Zugkräfte der Fördermaschinen auffingen. Die Seilscheiben hatten einen Durchmesser von 2,5 bis 6 Metern. Je nach Größe hatte eine Seilscheibe ein entsprechendes Gewicht, z.B. von 1,2 Tonnen (bei 2,5 Meter Durchmesser) bis 7,5 Tonnen (bei sechs Meter Durchmesser). Die Seile wurden von einer Maschine angetrieben, die sich neben dem Gebäude befand.

Skizze des Malakow-Turms

       Alle anderen noch bestehenden Malakow-Türme des Ruhrgebietes sind gänzlich in Backstein gemauert. Sie besitzen quadratische oder leicht rechteckige Grundrisse, mit bis zu 2,5 m dicken Fundamentmauern, die über bis zu vier Etagen nach oben jeweils schmaler werdend abgesetzt sind. Äußerlich sind diese Etagen durch horizontal, um das Gebäude herum verlaufende Gesimse erkennbar. Die Gebäude haben Satteldachform aus Holz oder Stahl wie ein gewöhnliches Haus.
       Als vorherrschende Bauform wurden Malakow-Türme durch Stahlfördergerüste abgelöst, als genügend Stahl zur Verfügung stand und so große Gerüste kostengünstig errichtet werden konnten.
       Als typische und charakteristische Merkmale der Malakow-Türme sind eindeutig die massiven festungsartigen Turmbauweisen hervorzuheben. Diese Bauweise ist zur Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden, als tiefergehende Teufen, aufwendigere Wasserhaltungen und verbesserte Kohleseparationen höher angelegte Fördergerüste erforderten und größere Stützkräfte abgefangen werden mussten. Vor dieser Zeit wurden die kleiner dimensionierten Fördergerüste entweder in den damals gängigen und in schlichter Architektur gehaltenen Backsteinhäusern untergebracht.
        Nachdem man in den 1830ern die Mergelschicht im Ruhrgebiet erstmals überwinden konnte und somit in der Lage war, Kohlevorkommen in Tiefen vom mehr als 100 m auszubeuten, reichten die bisherigen Holzkonstruktionen für die Schachtförderung aufgrund zunehmender Belastungen nicht mehr aus. Die Schächte wurden tiefer, größer in ihren Durchmessern und die Fördermaschinen wurden leistungsfähiger. Um nun die hohen Stützlasten von Seilscheiben auffangen zu können, wurde das Seilscheibengerüst innerhalb des Gebäudes einzig im Mauerwerk gelagert (siehe Skizze). Die Schachttürme wurden zu diesem Zweck mit teilweise bis zu 1,50 m starkem Ziegelmauerwerk ausgestattet und mit aufwändig versteiften Innenkonstruktionen versehen.
       Ein interessantes Merkmal der Malakow-Turm sind die Backsteinmauern. Die Ziegel liegen in der Wand in bestimmter Schichtenfolge, die der Mauerwerkverband genannt wird. Beim Bauen der meisten Malakow-Türme wurden die so genannten Kreuzverbände benutzt. Sie enthalten eine Schicht aus den Läuferschichtziegeln (siehe Schichtfläche). Nächste Schichten bestehen aus den Kopfsteinen (Stirnfläche). Der innere Aufbau der Schichten bleibt identisch. Die Ziegel der Außenseite des Mauerwerkes werden nach dem Kreuzverbandmuster gesetzt. Wegen dieser besonderen Verflechtung der Ziegel, hat das Mauerwerk sehr hohe Festigkeit.


Mauerwerkverband des Malakow-Turms der Zeche Westhausen, Dortmund
Fotos von V. Saviovskyi

       Zum Einsatz kamen dabei traditionelle, empirisch ermittelte Konstruktionen, die der herkömmlichen Zimmerungstechnik entstammten und der Ablenkung der diagonalen Seitenzugkräfte durch die so genannten Stützmauer dienten.
       In Dortmund gibt es einige Beispiele der Malakow-Türme. Ein besonders interessantes Industriekulturdenkmal ist der Malakow-Turm der Zeche Westhausen, siehe Abb. 3. Diese Zeche wurde nach dem Schloss Westhausen im angrenzenden Ort Westerfilde benannt und nahm 1872 die Förderung auf.


Malakow-Turm der Zeche Westhausen, Dortmund
Foto von Artёm Scheller

       Ein anderer Malakow-Turm ragt in Zeche Fürst Hardenberg im ehemaligen Steinkohle-bergwerk in Dortmund-Lindenhorst empor (Abb.4) Das Bergwerk wurde nach dem preußischen Staatsmann Karl August Fürst von Hardenberg benannt. Am 17. Juli des Jahres 1872 wurde die bergrechtliche Gewerkschaft gegründet und 1876 mit der Förderung von Steinkohle begonnen. Der erhaltene Malakow-Turm ist als Baudenkmal in die Denkmalliste der Stadt Dortmund eingetragen.

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       Malakow-Turm der Zeche Fürst Hardenberg in Dortmund

       Viele Gebäude und Bauwerke wurden in den letzten Jahren wiederaufgebaut. Das ist ein moderner Trend im Bauwesen und Architektur, die Revitalisierung genannt wird. Die Revitalisierung von Industriegebäuden ist ein Komplex organisatorischer und technischer Maßnahmen, einschließlich der Durchführung von Instandsetzung und besonderen Arbeiten zur Änderung des funktionalen Zwecks für zivile Zwecke. Im Zuge der Revitalisierung können eine Reihe von Arbeiten zum Wiederaufbau, zur Erweiterung, zum Überbau, zum Auf- oder Abbau von Gebäudeteilen durchgeführt werden. Der Begriff Revitalisierung (aus dem Lateinischen: Vita – Leben) kann wie die „Wiedergeburt zum Leben“) umgedeutet werden. Es impliziert den Prozess der Wiederbelebung und Wiederherstellung des städtischen Raums. Dieser Prozess sieht die Wahrung der Identität und Authentizität historischer Gebäude sowie der städtischen Umwelt im Allgemeinen vor, wobei sich deren funktionaler Zweck den zivilen Bedürfnissen der Gesellschaft anpasst. Die Hauptaufgabe der Revitalisierung ist die Sozialisierung des Raums, die Schaffung von Infrastrukturelementen, die zur Entwicklung des Tourismus, der Erholung, des Sports und der Verbesserung der Umwelt beiträgt und folglich darauf abzielt, Investitionen anzuziehen. Während der Revitalisierung wird eine Reihe von Arbeiten durchgeführt, die den Erhalt des architektonischen Erscheinungsbildes von Gebäuden mit der Schaffung von Inhalten, Innenräumen und technischen Einrichtungen nach modernen Standards und Anforderungen gewährleisten. Bei der Revitalisierung architektonischer oder historischer Denkmäler behalten sie in der Regel ihre äußere Authentizität und Ausdruckskraft vollständig bei. Ein berühmtes Beispiel für die Revitalisierung des Territoriums ist der Bau auf dem Platz des ehemaligen Stahlwerks des berühmten Sees „Phoenix-See“ in Dortmund.
       Als letztes sei noch der Malakow-Turm der Zeche Julius-Philipp zu erwähnen, der vollständig renoviert heute die Medizinhistorische Sammlung der Ruhr-Universität Bochum beherbergt. 1873–1875 wurde der Malakow-Turm auf dem Gelände der Zeche Julius Philipp errichtet, um Kohle zu fördern. Drei Jahre nach seiner Fertigstellung begann die Kohleförderung. Nach einer umfangreichen und behutsamen Sanierung zogen im Jahr 1990 das Institut für Geschichte der Medizin und die Medizinhistorische Sammlung der Ruhr-Universität in den denkmalgeschützten Turm ein.


Malakow-Turm der der Zeche Julius-Philipp , Bochum
Foto von Tatiana Friesen

       Heutzutage wecken die Malakow-Türme großes Interesse in der Gesellschaft. Mehr als jahrhundertlang symbolisieren sie Kraft, Festigkeit und Sicherheit. Diese Bauwerke sind jetzt Denkmäler der Erinnerungskultur bzw. gemeinsame Geschichtssymbole der Russen und der Deutschen.

Entstehung des Symbols

       Propaganda und Meinungsbildung waren integrale Bestandteile des Krimkrieges. Sowohl der Krieg selbst als auch die damit verbundenen PR-Kampagnen haben sich auf das kulturelle, soziale, politische Leben und öffentliches Bewusstsein in den vom Konflikt betroffenen Ländern ausgewirkt.
       Schon am 14. Januar 1854, genau acht Monate vor der Landung der Osmanen, Briten und Franzosen an die Küste der Krim (14. September) verfasste der in London lebende Karl Marx (*1818; †1883) den im großen Stil entwickelten Plan der Kriegsführung gegen Russland. Der Plan sah unter anderem die Besetzung der Halbinsel Krim vor:
„Daß die türkisch-europäischen Flotten Sewastopol zerstören und die russische Schwarzmeerflotte vernichten, daß sie die Krim nehmen und halten können, Odessa besetzen, das Asowsche Meer blockieren und die Berg-bewohner des Kaukasus entfesseln können, daran ist nicht zu zweifeln. Die Maßnahmen, die in der Ostsee ergriffen werden müssen, liegen ebenso auf der Hand wie die im Schwarzen Meer: eine Allianz um jeden Preis mit Schweden; eine Einschüchterung Dänemarks, falls es notwendig sein sollte; ein Aufstand in Finnland, der ausbrechen würde, wenn genügend Truppen landeten, und eine Garantie, daß kein Frieden geschlossen werden darf ohne die Bedingung, daß diese Provinz wieder mit Schweden vereinigt wird. Die in Finnland gelandeten Truppen würden Petersburg bedrohen, während die Flotte Kronstadt beschießt.“ [7]
       Sein Schriftstück wurde am 6. März 1854 auf Englisch unter dem Titel „The War in the East“ (der deutsche Titel: „Der orientalische Krieg“) durch die Vermittlung von seinem Schwager, südafrikanischem Verleger Jan Carel Juta (*1824; †1886), in der zweisprachigen Zeitung „De Zuid-Afrikaan“ veröffentlicht.
       Am 2. Februar 1854 veröffentlichte Friedrich Engels (*1820; †1895) als Leitartikel der „New-York Daily Tribüne“ (Nr. 3992), einer der führenden Zeitung der Vereinigten Staaten, den weiterentwickelten Plan der aggressiven Kriegsführung gegen Russland:
„Daß die verbündeten Flotten Sewastopol zerstören und die russische Schwarzmeerflotte vernichten, daß sie die Krim nehmen und halten können, Odessa besetzen, das Asowsche Meer blockieren und die Bergbewohner des Kaukasus entfesseln können, daran ist nicht zu zweifeln. Nichts ist leichter als das, wenn rasch und energisch gehandelt wird. Angenommen, darüber verginge der erste Monat der aktiven Operationen, so könnte schon der nächste Monat die Dampfschiffe der vereinigten Flotten nach dem britischen Kanal bringen, während die Segelschiffe nachfolgen; denn was im Schwarzen Meer dann noch zu tun ist, das könnte durch die türkische Flotte besorgt werden. Rechnet man weitere vierzehn Tage, um im Kanal Kohlen zu fassen und andere Vorbereitungen zu treffen, so könnten sie, vereinigt mit der atlantischen Flotte und der Kanalflotte Frankreichs und Großbritanniens, vor Ende Mai in solcher Stärke vor der Reede von Kronstadt erscheinen, daß der Erfolg eines Angriffs gesichert wäre. Die Maßnahmen, die in der Ostsee ergriffen werden müssen, liegen ebenso auf der Hand wie die im Schwarzen Meer. Sie bestehen in einer Allianz um jeden Preis mit Schweden, in einer Einschüchterung Dänemarks, falls es notwendig sein sollte, in einem Aufstand in Finnland, der ausbrechen würde, wenn genügend Truppen landeten, und in einer Garantie, daß kein Frieden geschlossen werden darf ohne die Bedingung, daß diese Provinz wieder mit Schweden vereinigt wird. Die in Finnland gelandeten Truppen würden Petersburg bedrohen, während die Flotten Kronstadt beschießen...“ [8]
       Die Dokumentation des Kriegsgeschehens wurde von William Howard Russell (*1821; †1907), der für die Zeitung „The Times“ schrieb, und den Fotografien von Roger Fenton (*1819; †1869) der Weltöffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Nachrichten von Kriegskorrespondenten erreichten alle am Krieg beteiligten Nationen und hielten die öffentliche Bürgerschaft dieser Nationen besser über die alltäglichen Ereignisse des Krieges auf dem Laufenden, als es bis zu diesem Zeitpunkt in jedem anderen Krieg der Fall war.
       Die britische Öffentlichkeit war sehr gut über die täglichen Realitäten des Krieges auf der Krim informiert. Nachdem die Franzosen den Telegraphen Ende 1854 an die Küste des Schwarzen Meeres verlängerten, erreichte die Nachricht London in zwei Tagen. Als die Briten im April 1855 ein Unterwasserkabel zur Halbinsel Krim verlegten, erreichte die Nachricht London in wenigen Stunden. Die täglichen Nachrichten beeinflussten die öffentliche Meinung.
       Mindestens drei Phänomene der Alltagskultur wurden unter dem Einfluss des Krimkrieges weltweit verbreitet:
       Während des Krimkrieges wurde den Europäern das Rauchen von Zigaretten beigebracht. Die Briten und Franzosen kopierten die Gewohnheit der türkischen Soldaten, die Tabakkrümel in alte Zeitungen zu wickeln.
       Der Krimkrieg hat zu einer ständigen Wettervorhersage geführt, zuerst in Europa und dann auf der ganzen Welt. Der Sturm vom 14. November 1854 in der Nähe von Balaklawa, der der alliierten Flotte schwere Verluste zuzog, sowie die Tatsache, dass diese Verluste hätten verhindert werden können, zwang den Kaiser von Frankreich Napoleon III. (*1808; †1873) persönlich, den führenden Astronomen seines Landes, Urbain Le Verrier (*1811; †1877), anzuweisen, einen effektiven Wettervorhersagedienst zu schaffen. Schon am 19. Februar 1855, nur drei Monate nach dem Balaklawa-Sturm, wurde die erste Vorhersagekarte erstellt, ein Prototyp von denen, die heutzutage in den Wetternachrichten zu sehen sind. Bereits 1856 gab es in Frankreich 13 Wetterstationen.
       Während des Krimkrieges fand zum ersten Mal die Fotografie Anwendung, um den Verlauf des Krieges zu dokumentieren. Fotograf Roger Fenton (*1819; †1869) nahm 363 Bilder, welche die Library of Congress kaufte, auf.
       Die Schlagwörter der Berichterstattung waren unabdingbare Elemente bzw. Begriffe der europäischen Massenkultur der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
       Die Siedlung der Bergarbeiter der1858 in Betrieb genommenen Gelsenkirchener Zeche Hibernia im Ruhrgebiet wurde Balaklava genannt. Während der Belagerung von Sewastopol bauten die Britten ihre Basis auf der Krim in der Hafenstadt Balaklawa auf. Die Einwohner der Balaklava-Siedlung, die man auch Kolonie nannte, waren vorwiegend englische und irische Bergleute.
       Das Maláchow-Fort, das auf dem hart umkämpften Maláchow-Hügel stand, ist zum Sinnbild der Widerstandskraft und der industriellen Revolution geworden. Viele große Bauten in Westeuropa wurden nach ihm benannt.
       Darunter waren eine Reihe von Bergbautürmen aus Stein im Ruhrgebiet, die sogenannte Kaponniere Malakoff in Mainz und der Malakoff-Turm der Festung Luxemburg.
       In der Schweizer Küche gibt es die Malakoff-Käseschnitte, die als eine gebackene Mischung aus geriebenem Käse, Mehl, Rahm und Eigelb auf einer Brotscheibe verspeist wird. Im Krimkrieg gab es trotz Verbots noch Schweizer Söldner, deren Einsatz bei der Eroberung des Fort Malakow unter dem Kommando von französischem Marschall Aimable Pélissier (*1794; †1864), erfolgreich war.
       In Österreich wird einer kalten Süßspeise der Name Malakoff zugeteilt. Diese Malakoff-Torte, die vor allem in Österreich bekannt ist, wird aus Löffelbiskuit (auch Katzenzunge genannt), Creme und Rum zubereitet.
       In Frankreich wurde die Schlacht offiziell auf seltene Weise gewürdigt: Marschall Aimable Pélissier wurde am 22. Juli von Kaiser Napoleon III. zum Herzog von Malakow (französisch: Duc de Malakoff) ernannt.
       Malakoff ist eine französische Gemeinde, die südlich an Paris grenzt, im Département Hauts-de-Seine in der Region Île-de-France. Die Einwohner werden Malakoffiots genannt.
       Es gibt noch die Avenue de Malakoff, die eine 410 Meter lange und 23,5 Meter breite Straße im 16. Arrondissement (Stadtteil) von Paris ist.

Auf dem Malakhov Kurgan, wo es gekämpft wurde, brennz jetzt das Ewige Feuer, das an die Belagerung von Sewastopol während des Zweiten Weltkriegs erinnert.

Literaturverzeichnis

1. ОПИСАНIЕ ОБОРОНЫ Г. СЕВАСТОПОЛЯ / СОСТАВЛЕНО ПОДЪ РУКОВОДСТВОМ ГЕНЕРАЛ-АДЪЮТАНТА ТОТЛЕБЕНА / ЧАСТЬ I. / САНКТПЕТЕРБУРГ. / ВЪ ТИПОГРАФИИ Н. ТИБЛЕНА И КОМП. 1863 / Beschreibung der Verteidigung der Stadt Sewastopol, verfasst unter der Leitung von Generaladjutant Totleben, Teil I. Druckerei N. Tiblen und Ko., Sankt Petersburg 1863; S. 123-124.
(На Малаховомъ курганѣ была устроена морским вѣдомствомъ, на счетъ городского купечества, малая башня, 7-ми саженъ въ поперечникѣ, названная Малаховою башнею. Она имѣла два закрытыхѣ яруса, примѣненныхъ къ ружейной оборонѣ, и открытую батарею.
       Наружныя стѣны ея имѣли 5 футѣ, а верхнiй сводъ 21/2 фута толщины. На открытой батареѣ, за парапетомѣ вышиною въ 3 фута, было поставлено на поворотныхъ платформахъ 5 крѣпостныхъ 18 фунтовыхъ пушекъ. Башня имѣла 28 футъ вышины и съ поля, в разстоянiи 31/2 саженъ, была прикрыта гласисомъ, вышиною въ 6 футъ.)

2. Southwell Brothers Royal. London: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:VictorinaTotleben.jpg

3. Островский Александр, Киев: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Севастополь_-_Могила_Тотлебена_-_Братское_кладбище.jpg.

4. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Ясени_Тотлебена_в_Киеве_1.jpg

5. Carl Koschwitz: Die Hochbauten auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebiets. Hrsg.: Technische Hochschule zu Berlin. Girardet Verlag, Essen 22. September 1928, S. 26 ff. (Dissertation).

6. https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/39/Malakowturm_Zeche _Hardenberg_Dortmund.jpg

7. Karl Marx: Der orientalische Krieg // KARL MARX / FRIEDRICH ENGELS / WERKE, BAND 10. INSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED, DIETZ VERLAG, BERLIN 1977; S. 21.

8. Friedrich Engels: Der europäische Krieg // KARL MARX / FRIEDRICH ENGELS / WERKE, BAND 10. INSTITUT FÜR MARXISMUS-LENINISMUS BEIM ZK DER SED, DIETZ VERLAG, BERLIN, 1977; S. 5-6.

Autoren:

Dr. (Inst. f. Orient.) Walther Friesen
Ausbildungs- und Forschungszentrum ETHNOS e. V.
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Dr.-Ing. Volodymyr Saviovskyi,
Fachgebiet Bauingenieurwesen
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